zurück << "Verwüstete
Sprache, beschädigte Bilder, verwaltete Kunst", (zu dem kompletten Text führt der unten befindliche Link) Teil II. Was die von der ästhetischen
Moderne geprägten DDR-Künstler charakterisiert, ist ein
so unbefangen neugieriger Umgang mit den von ihr inaugurierten Formen
und Techniken, mit ihrer Pluralität, daß sie in dieser
Auseinandersetzung nicht nur ihren jeweils eigenen Ausdruck finden,
sondern auch die Vorbilder eigentümlich lebendig werden und
in oft überraschenden Bildassoziationen wiederkehren. Sie behaupten
ihre Aktualität. Und wenn die traditionellen Gattungen der
Kunst: Tafelbild, Zeichnung, Skulptur etc. heute noch oder wieder
eine Rolle spielen, so verdanken wir das, mehr als uns vielleicht
bewußt ist, auch und gerade jenen Künstlern der ehemaligen
DDR, die, unbeirrt vom Diktat der Zensur und der Moden, den künstlerischen
Weg der Avantgarde nachgingen und in die Spuren einer Moderne traten,
von der sich vielleicht eines Tages erweisen wird, daß sie
unsere Antike ist. Übrigens zeugt
gerade die periodisch bemühte, zwanghaft anmutende Abwertung
der modernen Werke davon, daß sie ihr widerständiges
Potential noch nicht eingebüßt haben. Künstler,
die das Bild gegen die Inflation der Halb-Bilder verteidigen, handeln
daher in berechtigter Sorge, so auch Gerd Sonntag. Der Blick hakt sich an Augen und Mund fest, die staunend, entsetzt oder fragend offen stehen, und daraus erhellt, daß das Ich ein Abgrund ist, in dem unaufhörlich Dramen spielen, die zumeist tragisch, manchmal auch komisch oder beides gleichzeitig sind. Insofern könnte man wohl von Masken sprechen, von den Masken verschiedener Ich-Intensitäten, und von einer unendlichen Befragung des Ich, das in allen seinen Ekstasen - in der ersten, der zweiten und der dritten Person, im Singular und im Plural - anwesend ist. Die variable Struktur, die im Innern von Köpfen wirksam ist, wird sozusagen nach außen gestülpt und macht deutlich, daß das Ich oder das Subjekt nicht länger als metaphysische Substanz, sondern als Funktion zu bestimmen ist, nämlich als Funktion seiner Wünsche, Versagungen und Enttäuschungen, seiner Wut, seiner Leiden und Verletzungen, seiner Wahrnehmungen, Erfahrungen und Erkenntnisse, die in nie vorhersehbaren Rhythmus in ihm pulsieren und nicht selten ins Bild explodieren. Dieses rhythmische An- und Abschwellen von Bewußtseinsgraden, Seelenlagen und Bedeutungen ergießt sich nicht nur durch die rissigen, geborstenen Strukturen eines plastisch-pastösen Farbauftrags hindurch in den Raum, sondern erhält auch in den Glasschmelzearbeiten eine oft überraschende, das Licht brechende Transparenz. Es zeigt sich aber auch dort, wo in aggressiver Gebärde zur Schere gegriffen und ein Kopf neu modelliert, in seinem Umriß sozusagen korrigiert wird, was in der Regel ebenfalls dazu dient, die Geschlossenheit der Person aufzubrechen, ihr einen höheren Grad an seelischer Spannung, an innerer Zerrissenheit zu verleihen. Und ganz nebenbei wird dadurch auch die Plastizität, das Relief des Bildes, erhöht. Sonntags Arbeiten lassen erkennen, daß die verschiedenen Ereignisse, die Vorgänge und Erlebniszustände, die Selbst-Empfindungen und Fremdbestimmungen, aber auch die Sacherfahrungen, die die Innenwelt konstituieren, weder das gleiche Tempo, noch die gleiche zeitliche Ausdehnung besitzen, daß sie sowenig auseinander folgen wie sie in dieselbe Richtung drängen. Daher läßt sich auch keine Entwicklung erkennen, und noch weniger gibt es eine Geradlinigkeit des Sinns. Es gibt nur wechselnde Intensitäten, die sich in verschiedenen Raumempfindungen sedimentieren. Und um die verschiedenen Intensitätsgrade bezeichnen zu können, darf man nicht länger nach Ursachen und Wirkungen suchen, sondern muß den Schichtungen und Verwerfungen, den Wucherungen und Anlagerungen folgen. Das gilt nicht minder von den Wortbildern, mit denen Gerd Sonntag, nachdem er zunächst, und vorsichtig noch, Schrift seinen Köpfen zugefügt hatte, in den letzten Jahren immer ausschließlicher hervortrat. Sie machen, wie auch die Zahlenbilder, das asketische Moment seiner Bilder, den Bildrefus, noch deutlicher. Aus bestimmten obsessiv besetzen Worten, die insofern etwas Schicksalhaftes transportieren, als sie an die alltäglichen Schrecken der Existenz, seltener an ihre Freuden, erinnern, hat er sich ein malerisches Idiom geschaffen, dessen oberstes Merkmal darin besteht, daß das Wort nicht etwa den Bildinhalt wiedergibt oder das Bild das Wort illustriert; vielmehr löst im Idealfall das Wort sich in Farbe auf und wird dadurch selbst Bild. Die Worte schaffen einen unendlich komplizierbaren Raum, der einem ständigen Wandlungsprozeß unterliegt, einfach dadurch, daß er an Volumen zu- und abnimmt. Man fühlt sich bisweilen an "Le Cortège d'Orphée" von Apollinaire erinnert, in dem Orpheus gleich zu Beginn die Linie als die Stimme des Lichtes rühmt, wobei er sich auf das Werk "Poimander" von Hermes Trismegistos beruft. Dort heißt es: "Bald sanken Finsternisse herab, und es entfuhr ihnen ein unartikulierter Schrei, der die Stimme des Lichts zu sein schien". Apollinaire selbst hat dazu notiert: "Ist diese «Stimme des Lichtes» nicht die Zeichnung, das heißt die Linie? Und wenn das Licht in seiner ganzen Fülle sich ausdrückt, wird alles farbig. Die Malerei ist im Grunde eine Lichtsprache." Und das zeigt, daß die Auseinandersetzung mit Sprache, mit dem Wort, die Malerei nicht von sich wegführt, jedenfalls nicht notwendig. Eine starke, rein pikturale
Besetzungsenergie ist bei Gerd Sonntag am Werk, die bisweilen ganze
Wortfelder - Arbeit, Notwendigkeit, Krankheit, Versicherung - zueinander
in Beziehung setzt, ohne daß ihre Geschichte, ihr semantischer
Gehalt explizit entfaltet würden. Nur sie selbst, immer wieder
plakatiert, als ein ständiger Appell an die geistige Aktivität
des Beobachters, die Worthülsen zu füllen und das ins
Bild einzuholen, worauf es zwar verweist, was es aber nicht enthält.
Der Beobachter ist in diesen Bildern immer auch Leser. Daher ist
seine Wahrnehmung auch ständig der Gefahr ausgesetzt, in die
Linie zurückgezwungen zu werden. Die Art, wie Sonntag Bilder aus Wörtern komponiert, wie er einzelne Worte mit wechselnden Farb-Intensitäten malerisch auflädt, könnte einen Schreibenden vor Neid erblassen lassen. Denn der könnte sich nicht damit begnügen, einzelne Begriffe einfach nur neben- oder untereinander zu schreiben, weil dann seine Worte in der Fülle ihrer möglichen Bedeutungen leer blieben, während hier etwas entsteht, das in seinen Dimensionen, seinen Bedeutungen nicht festgelegt und daher für jede Veränderung, jeden Einbruch der Zeit offen ist. Daß sie nichts mehr sagen, weil sie nicht in sich selbst differenziert werden, macht die Worte für den Maler erst interessant. Ihre Transparenz verliert sich dann, sie werden opak: Blöcke, Wortblöcke entstehen, die in dem Maße, in dem sie gegenständliche Qualität annehmen, jede referentielle Funktion von sich abweisen. Sie verweigern aber auch ihre kommunikative Funktion. Wie das in den Kopfbildern befragte Ich ganz in sich eingesponnen ist und keine Kommunikation mit einem anderen Ich als eine aggressive, feindliche oder defensive zu kennen scheint, bleiben auch die Worte solipsistisch, und wenn sie etwas kommunizieren, dann eben dies Solipsistische. Die Variationen der immergleichen Worte, von denen die meisten lange Zeit den Diskurs der Moderne beherrschten, einige gegenwärtig aber, wie das von Sonntag am häufigsten gebrauchte Wort 'Arbeit', dabei sind, aus ihm eliminiert zu werden, oder kurze Sätze, wie: "Ich verläßt mich, Ich geht fremd", "Ich hatte einmal mein Gesicht" - oder auch bloße Wortfolgen wie: "Mein Ich, mein Arbeit, mein Geburt", was sich wie eine abgekürzte Bildungsgeschichte liest, die ohne logische Folge abgelaufen ist, und schließlich Formelhaftes wie "Arbeit am Aufsteh", um jene furchtbare Disziplin des freien Geistes auszudrücken, deren Forderungen niemals ganz zu erfüllen sind, weshalb manche Worte auch wie nicht zu Ende geschrieben wirken, entwerfen eine ganz eigene Poesie, in denen sich die mit den Köpfen begonnene Ich-Befragung und Hinterfragung fortsetzt: "6 Uhr früh, der Aufsteh grinst, du stotterst Achterbahnen", heißt es, oder: "Spucke im Hirn, Angst im Gebiß", "Deine Kindheit tritt dir den Himmel ein", "Gott würfelte an Dir vorbei". Die Wortwiederholungen dienen nicht nur dazu, ein Thema proportional zu seiner sozialen Aktualität zu entfalten; es geht um mehr: Sonntag weist auch auf die Determinationen von Wahrnehmungen durch die Sprache hin und hebt sie in seinen Bildern zugleich auf die vielfältigste Weise auf. Die Anwesenheit der Schrift im Bild ist daher immer auch als eine Art Anweisung an den das Bild Wahrnehmenden zu verstehen. Und das Unbequeme, Sperrige der Bilder zeigt sich gerade darin, daß die Worte, die sie nennen, so manchem Betrachter im Halse stecken bleiben und mitunter regelrechte Abwehrreaktionen auslösen.Nicht immer sind die Worte deutlich lesbar, oft sind sie fast gänzlich von Farbschichten verdeckt, und es bedarf einer gewissen Kontemplation auf das Bild, damit sie aus dem gemalten Untergrund hervorbrechen. Solche Bilder gleichen einem Wunderblock, auf dem nicht nur die Worte selbst, sondern auch ihre zahllosen Überschreibungen in Spuren aufbewahrt sind. Diese Bedeutungsschichten, aus unzähligen Definitionen und Interpretationen von Interpretationen geboren, müssen freigelegt werden von einem Auge, das gleichsam archäologisch funktioniert, damit ihr ursprünglich Gestisches und ihre semantische Vielfalt sichtbar werden. Erst dann wird man erkennen, daß es hier immer noch um Tafelbilder geht, und zwar um Tafelbilder im doppelten Wortsinn, nämlich um solche, die sich zugleich ironisch auf sich selbst replizieren. Die moderne Malerei des zwanzigsten Jahrhunderts war zu weiten Teilen dadurch charakterisiert, daß ihre Werke einen Bruch mit dem klassischen Verhältnis von Figur und Grund vollziehen, was sich selbstverständlich auch bei Gerd Sonntag findet. Dieser Bruch gewinnt aber sowohl in seinen Köpfen wie in seinen Wortbildern insofern eine neue, nur für ihn spezifische Form, als es in seinen Werken immer auch um die Abtragung von Schichten und das Ausgraben der Figur geht. Diese zieht alles, den gesamten Raum, bis zu den fernsten Horizonten in ihre Geburt oder besser: Wiedergeburt mit hinein. Denn genau darum, um Geburt nämlich, geht es. Die Geburt ist zwar in einigen Bildern wie beispielsweise dem großartigen Sonnenzyklus "Die Geburt der Saliha" aus dem Jahre 1996 auch Thema, und hier ist das Zentralgestirn unseres Planetensystems das zeugende Element, sie ist aber überall im Werk von Gerd Sonntag mehr oder weniger versteckt gegenwärtig. Immer handelt es sich um aus unzähligen Überlagerungen eruptiv hervorbrechende Bildwelten, die von den Wunden und Zerrissenheiten, von der Gewalt gezeichnet sind, ohne die eine Geburt nun einmal nicht zu haben ist, nicht einmal die Selbstgeburt. Und, auch das machen seine Bilder deutlich, keine Geburt gleicht der anderen, jede löst andere Empfindungen aus, jede geht von anderen seelischen Energien aus, weshalb in jeder auch etwas Neues entsteht, etwas, das über die gestalteten Elemente, die bekannt sein können und die es in aller Regel auch sind, hinausschießt. Diese Elemente, von unzähligen geschichtlichen Explosionen verstreut, werden in einem leidenschaftlichen Elan gesammelt und vereint, so daß aus jedem Zusammenbruch die Welt wieder von neuen anhebt. In jedem Bild bricht sich mit anderen Worten die Schöpfung ein Bett. © Rita Bischof Link extern: Rita Bischof, WIKIPEDIA, Ihre Publikationen zu Georges Bataille Link extern: Rita Bischof, Surrealismus und das Bild, Verlag Matthes und Seitz Link extern: Rita Bischof
Links: Bildbeispiele zu den Textpassagen ..."dem großartigen Sonnenzyklus" ..."Spucke im Hirn, Angst im Gebiß" ..."Mein Ich, mein Arbeit, mein Geburt",
Links extern: betreffend folgende Textpassagen ..."Le Cortège d'Orphée" ...Apollinaire (das Bestiarium)
Link : Der gesamte Text, erschienen
in Literatur- und Kunstzeitschrift "HERZATTACKE", 2003 Auszüge aus Texten von Lothar Lang ""Eine der merkwürdigsten Begegnungen erlebte ich in den ersten Neunziger Jahren. Ich wollte GERD SONNTAG besuchen. Er hauste in der Fehrbelliner Straße in Berlin. Im Atelier, bestehend aus zwei Zimmern mit herausgerissener Wand, chaotisches Durcheinander..." "... Er schleppte Bilder, damit ich einen Überblick bekam." "Sonntag ist Figurenmaler
radikalster Subjektivität..."."Seine Malerei erreichte
zur Jahrtausendwende zwei Stilschübe: den extremen Expressionismus
der Kopf-und Leibbilder und die linguistische Strukturen aufnehmende
"geschriebene Malerei". Auf dem Malgrund entwickelt sich
ein Automatismus des Malschreibens, der die freie Entfaltung des
Unbewußten einschließt." Aber, während dieser
Prozesse entdeckt Gerd Sonntag das Glas als Material für Kunst.
Es wird ihm zu einer neuen Herausforderung. Glas im Raum, Farbe
und Licht im Glas. Dafür habe ich den
Begriff Malerglasskulptur empfohlen. Der Begriff verweist darauf,
dass nicht nur auf der Oberfläche, sondern im Glas und mit
Glas gemalt
und im Glas skulptiert wird. Das wuchernde
Wachsstum des gläsernen »Flechtwerkes«, die Verästelung
der Farbzonen und Striche, die räumlichen Gliederungen, die
sich rhythmisch in allen drei Dimensionen bewegen, plastische Glieder
und Hohlräume verschränkend, lassen Farben den labyrinthischen
Gebilden entsteigen, leuchtend und oszillierend, Farbstrudel und
Farbflüsse bildend, je nach Einfall und Stärke der Lichtbündel.
Im Glaswerk treiben plastische Wucherungen zu Schlünden und
haarfeinen Tentakeln, Craquelé zeichnen hauchzarte Lineaturen
im skulptiven »Formgewirr. Lothar Lang in "Ein Leben für die Kunst" Faber & Faber, Leipzig, 2009, S. 326 - 328 Kulmination von Malerei
und Objektkunst Neue Herausforderung:
Glas im Raum - Farbe und Licht im Glas Zu Gerd Sonntags Malerglasskulptur sehe ich nichts Vergleichbares. Zwar gibt es Installationen mit dem Material Glas, etwa die Akkumulationen mit Murano-Glas, die Luciano Fabec auf der Biennale Venedig 1992 gezeigt hat, oder Glas-Siebdrucke beziehungsweise Kompositionen aus Plexiglas (Plexigamme von John Cage). Jenseits des Materials finden sich Berührungen hinsichtlich der Morphologie informeller Strukturen, insbesondere zu Wols und Bernard Schultze. Es ist aber auch eine mediale Beziehung zu dem Figuristen Jürgen Brodwolf denkbar, dem die Erfindung des Glasbuches zu danken ist, die in dessen Gedächtnisspeicher Eingang gefunden hat. Wo Brodwolf an Linie und Fläche und mit Plastik (Tubenfigur) arbeitet, dringt Sonntag als Skulpturist in das Material vor. Methodisch setzt die Malerglasskulptur Sonntags die Kunst des Informel ebenso voraus wie die Dialektik des kalkulierten Zufalls und das Diktat des Unbewussten. Dreidimensionale rhythmische Bewegungen und skulptives Formgewirr Sonntags Glaswerk ist ein fluoreszierender Fremdkörper zwischen den Gattungen der bildenden Künste. Es ist nicht mit einem Blick und in einer Ansicht zu erfassen, Synästhesie. Es braucht das Um-Gehen durch den Betrachter, die Zusammen-Sicht aller Seiten. So öffnet sich das innere Gefüge, das Ineinanderverflochtensein zahlreicher figürlicher Formen. Das wuchernde Wachstum des gläsernen Flechtwerkes, die Ver-ästelung der Farbzonen und Striche, die räumlichen Gliederungen, die sich rhythmisch in allen drei Dimensionen bewegen, plastische Glieder und Hohlräume verschränkend, lassen Farben dem labyrinthischen Gebilde entsteigen, leuchtend und oszillierend, Farbstrudel und Farbflüsse bildend, je nach Einfall und Stärke der Lichtbündel. Im Glaswerk treiben plastische Wucherungen zu Schlünden und haarfeinen Tentakeln, Craquelé zeichnen hauchzarte Lineaturen im skulptiven Formgewirr. Die Gebilde tragen Titel wie "Großes Blaues", "Kopf Gelb", zuweilen poetisch "Das Innere der Sphinx" oder "Raumschiff Virus, gelandet" . Lothar Lang in "Buchkunst und Kunstgeschichte im 20.Jahrhundert", Stuttgart, 2005, Kapitel: Malerglasskulptur von Gerd Sonntag
Links: Bildbeispiele zu den Textpassagen ..."die räumlichen Gliederungen" ..."wucherndes Wachstum des gläsernen Flechtwerkes" Die achtziger Jahre "... Zu ihnen gesellten
sich Künstler einer archetypischen Zeichensprache, wie Wolfgang
Smy oder Klaus Süß, der Karl Schmidt-Rottluff neu entdeckt
hatte und der der Technik der verlorenen Form im Hochdruck erneut
Ansehen verschaffte (...), oder Künstler eines modisch traktierten
Verismus, wie Clemens Gröszer. Künstler eines informellen
Abstraktionismus, der oftmals reine Interspektion ist, traten hinzu.
Namen wie Göschel, Herold, Hähner-Springmühl, Freudenberg,
Toppl, Joachim Böttcher, Woisnitza, Sabine Herrmann, Reich,
Henze, Bayer, Via Lewandowsky oder die Brüder Carsten und Olaf
Nicolai, später Kaeseberg mögen als Beispiele dienen.
Psychosoziale Expressionen wie bei Klaus Killisch oder Gerd Sonntag
verschafften sich Aufmerksamkeit, desgleichen wurden surrealistische
Angebote unterbreitet, wie sie Rolf Xago Schröter lieferte,
ebenso Konstruktionen, die an Albers, Bill und Glöckner anschließen
und gelegentlich computerberechnet sind wie bei Horst Bartnig. "Gerd Sonntag, eines der stärksten Malertalente seiner Genaration (Jahrg.1954), erlangte mit seiner expressiven Kunst nennenswerte internationale Erfolge auf Ausstellungen, verschiedentlich zusammen mit Klaus Killisch, Neo Rauch und Wolfgang Smy. In New York erhielt er 1989 im Brooklyn Museum of Art als erster ostdeutscher Künstler eine Personalausstellung, die in der New York Times Beachtung fand.« "Auf den
Höhelinien der realistischen Kunst wurden Traditionen dialektisch
einbeschlossen und mit Assimilationskraft und Innovationsvermögen
kunsthistorisch aktiviert. Bekenntnisse zum Expressionismus, zu
Kokoschka und Beckmann, um nur diese zu nennen, beförderten
einen geschichtsbewußten Realismus, der sich bei Heisig und
Tübke, bei Tucholke und Petrovsky in erfrischend divergierenden
Stilformen äußerte. Ähnlich verhält es sich
mit der Darstellung des Menschenbildes, etwa bei Siegfried Klotz
oder Gerd Sonntag. Lothar Lang in "Malerei und Graphik in Ostdeutschland", S. 223-224, "Die
achtziger Jahre", S. 175, S. 209, S.224 u. S. 271 Gerd Sonntag "Sonnenuntergang
mit Fliege" heißt ein großes Format, "x Mann
x Frau x Gerd" ein anderes, "zahlreiche Köpfe",
sie messen sämtlich über einen Meter in der Höhe.
...« »Mit sechs Jahren
Eintritt in eine Kinderkunstschule: Malerei, Plastik, nebenher Keramik,
Tanz, Pantomime, Flöte. Lehre als Steinmetz. Alsbald Heizer
und Hausmeister. Malt auf dem Dachboden, schreibt Gedichte, erwirbt
die Aufmerksamkeit der Staatssicherheit. Trifft 1978 in Berlin ein,
ist bei der Post Eilzusteller und Telegrammbote. Als solcher stößt
er auf Harald Metzkes, nimmt bei ihm Aktzeichnen. Künstlerischer
Neubeginn mit plastischen Objekten. Aus der Erinnerung gibt er wieder:
"Sehr schön: ich mußte durch etliche Straßen
rennen oder mit dem Rad fahren und hatte Gelegenheit, alle Müll-Container
der Gegend genauer kennzulernen. Während der Arbeitszeit merkte
ich mir alle wichtigen Schrott- und Gerümpelteile und sammelte
sie nach der Arbeit in der Nacht ein." ..."Jetzt steht
Sonntag vor mir freilich als ein mittlerweile weithin bekannter
Künstler, glücklicherweise ohne Starallüren... Während
der Vorführung spricht er viel und schnell, ein vigilanter
Thüringer, der Weltläufigkeit geatmet hat und sich darzustellen
weiß.« »...Innere Spannungen
entladen sich in einer vehementen farblichen und linearen Gestensprache.
Turbulenz der Farben. Spuren von Figuren, großgezeichnete,
infantil umrissenen Köpfe im Übereinander- und Ineinanderspiel
der Farben. Das Figurative wird durch die Heftigkeit des Malprozesses
überspielt. Sonntags Kunst ist exprssive Spontanmalerei, sie
verbindet Expressives mit Informellem. Der Unmittelbarkeit seiner
Malerei entspricht sein Temperament. Sonntag überlegt, aber
er klügelt nicht. Er zeigt Haltung, etwa wenn er spricht: "
Einige Künstler des Ostens und auch im Westen machen auf mich
den Eindruck von unprofessionellen Nutten, die sich die Ärsche
grün anmalen würden, um sie verkaufen zu dürfen".
Sonntag greift mitunter zu deftigen Formulierungen, obgleich ihm
das charmante Parlieren weit mehr liegt.« Lothar Lang in "Berliner Montmartre, Künstler vom Prenzlauer Berg", Rütten & Loening, Berlin, 1990
Link, extern: Lothar Lang, alle seine Bücher Link, extern: Lothar Lang Link, extern: Lothar Lang Link, extern: Lothar Lang Link, extern: Lothar Lang
Gerd Sonntag... peintre, verrier, il considére son oeuvre verrière comme le prologement de son euvre picturale avec l´apport du volume et de la lumière en plus. Il en rèsulte des sculptures fortes, sensibles, très élaborées. Sa notoriété est internationale. Janine Bloch-Dermant in Katalog Millon & Associes, Paris, 2007 Link extern: Janine Bloch-Dermant
"Übersichtig" von Gert Neumann, Die Rechte des Sehens beim Malen wahrzunehmen, ist Arbeit, der sich das schöpferische Bewusstsein des Malers GERD SONNTAG stellt.Die Codewörter dieser Neuigkeit sind für den Maler Angst und Zeit. Aus diesen Wörten sind Bedeutungen zu kippen, damit das Wort, das der Maler sagen möchte, erscheint. Dem Maler und dem Betrachter helfen, gleichviel, bei dieser Arbeit sogenannte Umkippbilder. Sie spielen mit der Übersichtigkeit des Auges, um zur Sehart des Auges Fragen stellen zu dürfen. Das sehende Auge erfährt durch das Umkippbild, dass es das weiße Bild nicht sieht, welches das schwarz hervorstechende Bild umgibt. Der Maler sagt: "... mich interessiert an der Schrift der Raum, den sie schafft, die Farbe und das poetische Wort" (G.S.). Diese Worttat bringt der Maler ins Bild. Hier trennt sich der Maler vom Ich in der dritten Person: "...damit es sich ungestört vom gesellschaftlichen `man´ äußern kann." (G.S.) Die Bildersprache des Malers sagt; "Ich verlässt mich. Ich geht fremd", wodurch die hyperästhetische Begabung des Betrachters, zu dem der Maler sich gesellt, in allerlei Bewegung gerät. Von nun an ist dem Maler gegeben, sich als Plünderer des Betrachters oder als eine verantwortliche Zwiegestalt anzusehen, die in ihrer Wortbildung ihre Malart der Sehart des Betrachters dankt und schuldet." "Weil dem Autor
diese Ufergegend irgendwie vertraut erscheint, will er schnell noch
sein dem Maler gegebenes Versprechen einlösen, vom Bilderreichtum
zu sagen, den ihm das Bild "Notwendigkeit" gibt. Mit dem
Wort befinden sich der Maler und der Betrachter auf fettem philosophischen
Boden; der auch nicht magerer wird, wenn das Wort, so wie im Bild
erst einmal gesehen, in not und wendig und keit aufgelöst wird; über
dem zarten Hinwei; "eisernes Wort". Aus dem "eisernen
Rumänien" kommt der Betrachter so heraus: Es steckt also
in dem Begriff der Notwendigkeit schließlich das sprachliche
Bild einer Absicht u.s.w. ... Und -: nix von Dudenprobe. Link extern: Gerd Neumann und seine außergewöhnlichen Bücher Link extern: Gert Neumann, Besprechung in DIE ZEIT (online) Link extern: Gert Neumann, "11 Uhr", Roman, Verlag Dumont Gerd Sonntag. Spucke im Hirn – Angst im Gebiss.von Erik StephanMalerei, Zeichnungen und Skulpturen Zu Beginn
der 1980er Jahre betrat eine neue Generation von Malern die Bühne
der Kunst. Mit bis dahin unbekanntem Selbstverständnis wurden
alte Leitbilder gekündigt und neue, eigene Ausdrucksformen
in größeren Zusammenhängen verfolgt. Neben Künstlern
wie Klaus Killisch, Walter Libuda oder Neo Rauch gehörte Gerd
Sonntag zum Kreise jener, die das Persönliche und Außerordentliche
gegen die üblichen Verklammerungen setzten und mit der neuen
Form auch eine andere, kompromisslosere Haltung in den Alltag der
Kunst im Osten Deutschlands einbrachten. Einige dieser Künstler
sind heute erfolgreich und auch Gerd Sonntag kann national und international auf zahlreiche Ausstellungen
und die Präsenz in wichtigen Sammlungen verweisen.
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